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"Pass auf, dass du dich nicht verlierst, während du suchst, was nicht existiert"

Hallo F!
Eigentlich ist es traurig, dass ich meine Worte wieder an dich richte, dass ich dir jedes Mal wieder so viel Platz einräume, doch es ist nicht so, als hättest du diesen Platz nicht eh schon vor Jahren geraubt. Nacht für Nacht bist du wieder da, hetzt mich durch die Straßen wie ein dunkler Schatten, den ich nicht abzuschütteln vermag. Du heftest dich an meine Fersen, verfolgst mich bis in die hinterste Ecke, bis du mich in die Enge getrieben hast und ich nicht mehr fliehen kann. Bis alles wieder hoch kommt, all die Bilder und Geräusche, vor denen ich mich so lange erfolgreich versteckt hatte. Sie packen mich, werfen mich zu Boden und zeigen mir all das, was damals unausgesprochen blieb, all die Kleinigkeiten, die mich damals fast das Leben gekostet hätten. 
Sie zeigen mir das kleine Kind, welches du damals zerbrochen hast, zeigen mir all die Dinge, die hätten sein können, nur um sie dann auf den Boden zu schleudern und die Bilder in tausend Splitter zu zerschlagen. Sie zeigen mir das Mädchen, welches ich hätte sein können, die junge Frau, die Hoffnung anstatt Angst in den Augen hat, die auch ohne Tabletten überleben kann und für die Mut keine Dummheit sondern eine Notwendigkeit ist. Sie zeigen mir so viel, was ich hätte sein können, so viel Unschuld und Leichtigkeit, dass es sich anfühlt, als würde ich mit dem Boden verschmelzen, als würde jeder Tag seitdem Zentner wiegen.
Der Ekel ist mit dir zurück gekehrt, schleichend, fast unbemerkt, doch nun zieht sich wieder eine gläserne Kälte über meine Haut, fast schon schön. Ich kenne sie, sie war mein jahrelanger Begleiter und auch wenn ich ihn erfolglos abzuschütteln versuche, begrüße ich sie fast wie einen alten Freund. Sie hält das Feuer zurück, hält es dort fest, tief in mir drin, sodass es niemand lodern sehen kann, sodass niemand bemerkt, dass du zurück gekehrt bist. Sie hält den Sturm in Schach, das Chaos, welches du mit dir bringst, packt all das in undurchdringliches Eis, das jedes Wort, jeden Hilfeschrei verstummen lässt. Sie hilft mir zu verbergen, dass du mich verfolgst, hilft mir zu lachen, obwohl mir mein Herz vor Furcht zu zerspringen droht. 
Nach all der Zeit, nach all den Jahren bist du immer noch da, bist immer noch so real wie am ersten Tag und ich dir immer noch hilflos ausgeliefert. Ich will diesen Kampf nicht ein weiteres Mal führen, habe nicht die nötige Kraft, um dir erneut Stand zu halten, nicht den Mut, um wieder aufzustehen und dich zurück zu drängen, habe nicht einmal mehr die Kraft mich nicht zu hassen. Ich weiß nicht wie es weiter gehen soll F, ich weiß es wirklich nicht und das lässt mich noch mehr straucheln. Ich bin wieder allein, allein mit dir und all dem Grauen, welches du mit dir bringst, allein mit deinen Augen, die jede meiner Bewegungen belauern und allein mit deinem Geruch, der mir jegliche Luft raubt. Ich bin allein, wenn du mich durch meine Träume jagst, allein, wenn sich die Panik nicht mehr kontrollieren lässt, allein, wenn ich glaube dein Gesicht in der Menschenmasse zu sehen, allein, wenn ich nicht mehr weiter weiß. 
Ich kann die Blicke nicht mehr ertragen, die Fragen, wieso ich nach acht Jahren immer noch nicht darüber hinweg bin, die Verachtung in jeder Geste, wenn ich mich zu erklären versuche.
Ich kann mich selbst nicht mehr ertragen.

Mach's gut,
M.

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